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Der Wandel des Fahrzeuglackes

 

„Jeder Kunde kann sein Auto in einer beliebigen Farbe lackiert bekommen, solange die Farbe, die er will schwarz ist.“ (https://www.henry-ford.net/war die Antwort Henry Fords auf die Wünsche seiner Kunden nach bunteren Farben.

Automobile sind ein Ausdruck des Zeitgeistes - das trifft vor allem auf die Farben zu. Von reinen Erkennungsmerkmalen im Rennsport über die kunterbunten 1970er bis hin zu den farblich klassischen 2020ern oder den goldenen Boliden der Sportler - erlaubt ist, was gefällt. 

Die Farbe ist beim Erwerb eines Oldtimers ein wichtiger Kaufgrund und das wissen die Autobauer nur zu gut. Wenn wir einen Oldtimer betrachten, dann sehen wir auf den ersten Blick weder Motor noch Leistung, und auch das Drehmoment und die Innenausstattung bleiben uns verborgen. Was aber als erstes ins Auge fällt, sind Form und Farbe. Mehr als alles andere bestimmt der Fahrzeuglack, wie wir ein Automobil wahrnehmen. Sportlich oder edel, auffällig oder dezent, technisch nüchtern oder opulent – viele Attribute drücken sich im allerersten Moment über den Lack aus. 

 

Beginn 1920 – Ende 1930

Zu Beginn der Automobilgeschichte war die Palette der angebotenen Farben sehr eingeschränkt. Zugunsten einer möglichst effizienten Massenproduktion musste auf allzu aufwendige Lackiervorgänge verzichtet werden. Es sollte möglichst schnell gehen, auch bei der Lackierung, und dies ermöglichte der Nitrolack, der mit schwarzen oder anderen sehr dunklen Pigmenten versehen, besonders günstige Trocknungseigenschaften besaß. Bis zum Ende der 1930er-Jahre boten deshalb alle Hersteller nur wenige Lacke in Rot, Blau und Grün an. 

Einige Automobilhersteller verzichteten ganz auf die Lackierung der Fahrzeuge. Grund hierfür waren die Holzkarosserien, die nur sehr schwer zu lackieren waren. Da Holz arbeitet, hätten die Lackoberflächen schnell Risse bekommen. Deshalb entschied man sich, den Fahrzeuglack durch einen Überzug aus Kunstleder zu ersetzen. Auch das Leder gab es in verschiedenen Farben, und es erlaubte, schnell und ohne entsprechende Trocknungsphasen produzieren zu können.

Bei der luxuriösen Lösung wie der „Fischsilber“-Lackierung handelte es sich allerdings nicht um das bereits in den 1920er-Jahren verwendete originale „Fischsilber“, wo man die silbrige Innenseite der Fischschuppen isolierte und als Pigment dem Lack zufügte, zur Herstellung von 250 Gramm echtem Fischsilber, bedarf es an einer Tonne Fisch, sodass dieses wertvolle Material nur sehr begrenzt eingesetzt wurde. Die „Fischsilber-Lacke“ waren die ersten Varianten der Metallic-Lacke, bei denen durch Zugabe von Aluminiumspänen ein metallischer Schimmer erzeugt wurde. Zu Beginn dieser Lacklösung, konnte der Kunde zwischen sieben Fischsilber-Farben wählen, wie zum Beispiel Blau, Grün oder Hellviolett.

Der technische Fortschritt in den späten 1930er-Jahren erlaubte es erweiterte Farbpaletten anzubieten. Die neu entwickelten Harnstoff- und Melaminharze vergilbten weniger stark als die Nitrolacke und ermöglichten bei Einbrennlackierungen auch hellere Töne. 

Auch die Zweifarbigkeit war in dieser Zeit ein Thema: Diese war in den 1930er Jahren ein Relikt aus der Zeit, als der überwiegende Teil der Karosserien nicht im Werk, sondern bei externen Karosserieschmieden gefertigt wurden. Der Kunde selbst konnte sich zwar die Farbe seiner Karosserie aussuchen, aber die beim Fahrzeughersteller lackierten restlichen Teile waren davon ausgenommen. Diese Farbaufteilung hielt sich auch noch, als bereits ein Großteil der Karossen im Werk des Herstellers produziert und dort auch lackiert wurde. Deshalb waren, natürlich nur auf Wunsch des Kunden, viele Automobile oft bewusst in zwei Farben lackiert. Die bekannteste Aufteilung war dabei die so genannte „Sattel-Lackierung“. Hierbei wurden das Dach, die Umrandungen der Fenster sowie der obere Teil der Motorhaube in einer zum restlichen Fahrzeugkörper abgesetzten, meist dunkleren Kontrastlackierung, optisch abgesetzt. 

 

Anfang 1950 – Ende 1960

Anfang der 1950er Jahre waren in Deutschland die Taxen schwarz, und die Käufer von Pkw bevorzugten gedeckte Töne wie Dunkelblau und -grün sowie Schwarz oder setzten auf Weiß und hellgraue Silberfarben, die aus Gründen der Verkehrssicherheit viele Anhänger fanden. Kurze Zeit später setzte ein Trend zur Zweifarblackierung ein, der sich bis weit in die 60er Jahre hielt. Dabei wurde meist eine gedeckte mit einer klaren Farbe kombiniert, beispielsweise das Dach farbig abgesetzt.

Bei den klaren Lacken traten nach einiger Zeit Probleme auf: Sie bleichten oft aus und verloren ihren Glanz. Dadurch wurden die Pastellfarben entdeckt, Anfang der 1960er erstrahlen somit viele Fahrzeuge in hellen Blau- oder Gelbtönen. Diese waren damals auch in anderen Bereichen zu finden, etwa bei Küchenschränken oder auf Porzellan. Nach und nach eroberten helle, freundliche und kräftige Farben das Straßenbild, obwohl noch bis Ende der 60er-Jahre Lackierungen in Weiß, Elfenbein oder Creme eine dominierende Stellung einnahmen. Gut zu erkennen an diesem Mercedes-Benz 190 SL Roadster, der in unserem Hause restauriert wurde: 

Ganz anders sah es in Amerika aus: in den 1960ern waren junge Amerikaner von der Werkslackierungen gelangweilt und griffen somit selbst zur Spritzpistole. Sie setzten ihre eigenen Farbvorstellungen um, beeinflusst durch Werbung und junge Mode und riefen eine derart große Resonanz hervor, dass die Industrie den Trend aufnahm und ihre Serienlackierungen anpasste. Die frühen 1960er-Jahre waren auch die Zeit der modernen Metallic-Lackierungen.

 

Anfang 1970 – Ende 1980

Die Energiekrise 1973/74 brachte im Jahr 1977 einen regelrechten Auto-Boom, bei dem erstmals die Metallic-Lackierungen auf einen Marktanteil von mehr als 30 Prozent kamen und damit in größerem Umfang neue Töne auf die Straßen brachten. Über die Hälfte aller Pkw trugen eher ein auffälliges Farbkleid. Darunter waren auch Kombinationen, die wenige Jahre später kaum noch auf Akzeptanz stießen, etwa die Farben Braun und Beige (1977 der drittbeliebteste Ton nach Rot und Grün). Aber nicht nur die Mode beeinflusste die Farbwahl beim Auto – es gab eine neue Faustregel: Je kleiner das Auto, desto bunter und knalliger die Farbe.

Während diverser Automobilausstellungen zu Beginn der 1980er, waren vor allem in Deutschland die bunten Jahre vorbei. Nur noch wenige Individualisten wollten mit ihrem Auto auffallen. Die große Masse setzte auf Unauffälligkeit. So wuchs der Anteil der Farbe Grau bei den Neuzulassungen von 12 % im Jahr 1980 auf 19,2 % im Jahr 1987. 

Grün und Gelb dagegen verloren im gleichen Zeitraum deutlich. Rot blieb jedoch beliebt: Die bleibende Aufmerksamkeit wuchs durch das Aufkommen der Autorennen – Graf Eliot Morris Zborowski kam auf die Idee, Fahrzeuge nach einem Farbcode zu lackieren, der dem Herkunftsland des Fahrers zugeteilt werden konnte.  Ziel dahinter war, dass Zuschauer leichter unterscheiden konnten, welcher Pilot, an welcher Stelle platziert war. Im Jahre 1900 wurden diese Farbregeln auf der Strecke von Paris im Rahmen des Gordon Bennet Cups zum ersten Mal angewendet.

 

Anfang 1990 – Anfang 2000

Anfang der 1990 hat sich farbtechnisch kaum was geändert – unauffällige Farblacke dominieren und bewegen sich in der Farbfamilie der Erdtöne und ragen bis zu den farblich klassischen 2020ern. Designer jedoch entwickeln immer wieder neue Lacke, die den jeweiligen Modewellen folgen. Kunden können nicht nur aus einer breiten Farbpalette auswählen, sondern auch aus diversen Oberflächen. So eröffnet sich den Kunden die Möglichkeit neben Uni-, Metallic- und Perleffektlack auch den Mattlack auszuwählen. 

Die größere Veränderung zeichnet sich in den Lackiervorgängen und der künstlichen Intelligenz, Lackierroboter ordern selbstständig Lack, Läger verwalten sich komplett selbst, Kunden und Lieferanten sind allumfassend vernetzt. 

 

Oldtimerlacke heute und was die Historie für uns bedeutet

Auch heute ist der Lack bei der Oldtimer-Restaurierung keine unerhebliche Thematik. Diverse Kriterien bestimmen die Herangehensweise hierbei:

  • Die Auswahl originalgetreuer Mercedes-Benz Lacke

Beispielsweise legen wir bei der Wunschkonfiguration großen Wert darauf, den Wunschklassiker möglichst „Matching Colors“ zu konfigurieren. Dies bedeutet, dass wir das Fahrzeug in der gleichen DB-Farbe lackieren, wie es damals durch Mercedes-Benz ausgeliefert wurde – sofern der Kunde dies so wünscht. Diese Information ist der Mercedes-Benz Datenkarte zu entnehmen. Wenn jedoch eine andere Farbe gewünscht ist, empfehlen wir, eine für die Modellreihe damals übliche DB-Lackierung auszuwählen. Wie bereits beschrieben, hat sich der Lack stetig weiterentwickelt – weshalb die Modellbaureihen über die Jahre in unterschiedlichen Farben erhältlich waren. Lacke, die damals für eine Mercedes-Benz 280 SL Pagode üblich waren, wurden beispielsweise nur zum Teil bei der Vorgänger-Baureihe Mercedes-Benz 190 SL verwendet. Der Faktor „Farbauswahl“ ist für den Werterhalt und die Wertsteigerung relevant. Jedoch sollte dies keine Eingrenzung der Gestaltungsmöglichkeiten darstellen und ist selbstverständlich lediglich eine Empfehlung – Die Herzenswünsche unserer Kunden erfüllen wir sehr gerne und bedingungslos.

 

  • Die fachmännische Lackierung

Neben der Auswahl des Lacks, ist auch die fachmännische Oldtimerlackierung ein entscheidender Aspekt für das Endergebnis. In unserer Manufaktur vollziehen wir die Oldtimerlackierung nach heutigem Qualitätsstandard. Dies bedeutet die gründliche Vorbereitung des Untergrundes, das fachmännische Grundieren sowie der anschließende Lackaufbau mittels Füller, Basis- und Klarlack. Jeder Schritt wird mit dem höchsten Maße an Gründlichkeit durchgeführt, um den Lack optimal vor „alltäglichen“ Lackbeschädigungen, Lackeinwirkungen (wie UV-Strahlen, Beschmutzungen, sonstigen Umwelteinwirkungen, etc.) und einer Korrosion zu schützen. Der fertige Lack ist in der Beständigkeit zweifellos mit dem Lack eines Neuwagens zu vergleichen.

Lesen Sie hier einen detaillierten Beitrag aus unserer Serie #makeovermonday zur fachmännischen Oldtimerlakierung.

Quellen:


Neben unseren komplett restaurierten Bestandsfahrzeugen, bieten wir Ihnen die Möglichkeit einer Individualrestaurierung an, bei der sie Ihren Traumklassiker nach Ihren Wünschen gestalten können.

Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme telefonisch unter +49 7031 3069522, per WhatsApp, via E-Mail oder via Instagram.


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